Höhere Abschreibung durch Wertgutachten
Schlupfloch – Vermieter zahlen zu viele Steuern!
Du als Vermieter kannst Immobilien schneller und mit höheren Beträgen von der Steuer abschreiben, wenn Du eine kürzere Nutzungsdauer nachweist. Dafür reicht ein Gutachten. Das Finanzgericht Köln folgt damit der Auffassung des Bundesfinanzhofs in gleicher Sache.
Von vermieteten gewerblich genutzten Immobilien können Eigentümer steuerlich profitieren, indem sie Gebäude über die Nutzungsdauer hinweg abschreiben – im Normalfall mit einer linearen Abschreibung von zwei Prozent pro Jahr laut Einkommenssteuergesetz (EstG). Nach 50 Jahren wäre ein Objekt so vollständig abgeschrieben. Bei jedem Eigentümerwechsel werden die Abschreibungshöhe und die Abschreibungsdauer neu ermittelt.
In vielen Fällen kannst Du als Eigentümer Deine Immobilie in einem deutlich kürzeren Zeitraum abschreiben und jährlich höhere Absetzungen für Abnutzung (AfA) steuerlich geltend machen. Dafür müssen Vermieter eine kürzere Restnutzungsdauer nachweisen können.
FG Köln: Modellhaft ermittelte Restnutzungsdauer als Grundlage des Afa-Satzes reicht.
Am 9.7.2022 hat das Finanzgericht (FG) Köln sein Urteil vom 22. März (Az. 6 K 923/20) veröffentlicht, in dem klargestellt wird, dass eine modellhaft ermittelte wirtschaftliche Restnutzungsdauer von vermieteten Immobilien als Grundlage des steuerlichen AfA-Satzes gelten kann. Darauf weist die Gutachter-Plattform Nutzungsdauer.com hin.
Konkret geht es um das in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) verankerte Schema zur Bestimmung der Restnutzungsdauer bei modernisierten Gebäuden.
Die allermeisten Vermieter in Deutschland zahlen mehr Steuern als sie müssten. Jeder Vermieter, der eine mehr als 30 Jahre alte Bestandsimmobilie zur Erzielung von Einkünften hat, sollte die tatsächliche Nutzungsdauer zumindest überprüfen. Oftmals kann der Abschreibungszeitraum signifikant verkürzt und nicht unerhebliche steuerliche Vorteile geltend gemacht werden. Nach Schätzungen von Nutzungsdauer.com „verschenken“ manche Vermieter zwischen 2.500 und 5.000 Euro pro Jahr.
Grundsätzlich räumt die Bestimmung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG Dir als Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein, ob Du Dich mit dem typisierten AfA-Satz nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG – also 50 Jahre bei Gebäuden ab Baujahr 1925 – zufriedengibst oder über ein Gutachten eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer geltend machst.
Höherer AfA-Satz bei tatsächlich kürzerer Nutzungsdauer!
Die durch Privatgutachten ermittelte wirtschaftliche Restnutzungsdauer von gewerblich genutzten Immobilien kann als Grundlage des steuerlichen AfA-Satzes gelten, hat das Finanzgericht (FG) Münster im Januar 2022 (Az. 1 K 1741/18 E) entschieden. Die neue Rechtsprechung lässt auch Online-Gutachten und solche Gutachten zu, die sich ausnahmslos auf die Nutzungsdauer einer Immobilie beschränken.
Grundsätzlich ist ein Gebäude zwar nach festen AfA-Sätzen (hier zwei Prozent pro Jahr) abzuschreiben, bei einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer als 50 Jahre kann aber nach Wahl der steuerpflichtigen Person von höheren Sätzen ausgegangen werden.
Das Gericht folgte damit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.7.2021 (Az. IX R 25/19). Es kann sich jeder Darlegungsmethode bedient werden, die im Einzelfall geeignet erscheint, so der BFH. Bis dahin verlangten Finanzämter teils die Vorlage eines kostspieligen Bausubstanzgutachtens.
Dieses Urteil bestätige die BFH-Entscheidung nicht nur, sondern erleichtert die Verkürzung noch einmal enorm – denn: Die durch Privatgutachten vorgelegte Nutzungsdauer kann nur dann verworfen werden, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liege. Selbst, wenn im Finanzgerichtsverfahren ein vom Gericht bestellter Gutachter zu einem anderen Ergebnis käme, müssten die Ergebnisse schon erheblich divergieren, um verworfen werden zu können.
In dem Fall hatte ein Vermieter ein Grundstück gekauft, für das ein Sachverständigengutachten auf Grundlage der Regelungen der zum Stichtag gültigen Wertermittlungsverordnung (WertV) vorlag. Das Gebäude wies eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren aus. Der Eigentümer setzte daraufhin in seinen Einkommensteuererklärungen eine jährliche Abschreibung des Gebäudes von 3,33 Prozent statt der üblichen zwei Prozent als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung an. Das Finanzamt berücksichtigte aber nur den kleineren Abschreibungssatz.
Bei jedem Eigentümerwechsel beginnt die Nutzungsdauer neu
Bei jedem Eigentümerwechsel, dem ein entgeltliches Rechtsgeschäft zugrunde liegt, beginnt die Nutzungsdauer neu zu laufen. Das Gesetz geht typisierend davon aus, dass die in den gesetzlichen
Abschreibungssätzen unterstellte Nutzungsdauer von Gebäuden mit jedem Eigentümerwechsel im Rahmen eines Grundstückskaufs neu beginnt. Da die Nutzungsdauer auf den jeweiligen Eigentümer zu beziehen ist, kann sich – wie erwähnt – ein über der typisierten Nutzungsdauer liegender Zeitraum der Gesamtabsetzung ergeben. Die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes kann also die in § 7 Abs. 4 EStG typisierend zugrunde gelegten Nutzungsdauern von 50 bzw. 40 Jahren weit übersteigen. Umso wichtiger ist in der Praxis die Frage, ob von einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgegangen werden kann.
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